Irrtümer im Versicherungsrecht – Teil 3
Von Rechtsanwältin Sabrina Kleis, – mit erfolgreichem Abschluss des Fachanwaltslehrgangs für Versicherungsrecht-
Unglaublich, aber wahr: Während die Verkäuferin abends nach Ladenschluss das Geld von der Kasse in den geöffneten Tresor einräumt, steigt der Dieb durch das offene Fenster in den Tresorraum ein. Der Dieb räumt das gerade in den Tresor hineingelegte Geld aus, während die Kassiererin dabei ist, weiteres Geld aus der Kasse zu holen. Als die Kassiererin zurückkommt und den Dieb sieht, ist sie starr vor Schreck. Der Dieb kann mit dem Geld aus dem Tresor durch das Fenster unerkannt flüchten.
Die (Einbruchsdiebstahl-)Versicherung lehnt die Zahlung der Versicherungsleistung ab und beruft sich auf grobe Fahrlässigkeit, da der Tresor nicht verschlossen gewesen sei. Außerdem wendet der Versicherer ein, dass es sich hier weder um einen Einbruchsdiebstahl noch um einen Raub handele.
Der Versicherer könnte damit durchdringen. Denn die versicherten Gefahren bei der Hausratversicherung sind unter anderem der Einbruchsdiebstahl und der Raub. Es ist ein allgemeiner Irrtum, dass die Hausratversicherung bei jeder Art von einem Diebstahl zahlt.
Ein Diebstahl ist nur versichert, wenn der Dieb ein Behältnis oder die Wohnung (gewaltsam) aufbrechen musste. Beides ist im vorgenannten Beispiel nicht der Fall. Der Dieb konnte sich durch das geöffnete Fenster Zugang zum Raum verschaffen, in dem sich der Tresor befand. Der Tresor selbst war bereits geöffnet, da die Kassiererin gerade dabei war, die Tageseinnahmen dort zu hinterlegen. Auch von einem versicherten Raub kann hier eher nicht ausgegangen werden. Denn ein Raub setzt immer eine gewisse Physis voraus, also bei dem Stehlen muss unter Kraftaufwendung ein Widerstand angewendet oder gebrochen werden. Der Dieb konnte ohne Kraftaufwendung das Geld aus dem geöffneten Tresor entwenden. Die Kassiererin leistete zumindest keinen aktiven Widerstand und war starr vor Schreck.
Ob sich der Versicherer hier im vorgenannten Fall auf grobe Fahrlässigkeit berufen kann, steht auf einem anderen Blatt. Um dem vorzubeugen, sollten die Behältnisse, wie Tresore, in denen Sie Ihre Wertgegenstände aufbewahren, sowie die Türen und Fenster stets abgeschlossen sein. Ansonsten kann sich der Versicherer auf grobe Fahrlässigkeit berufen und den Versicherungsschutz versagen, zumindest kürzen.
Tipp für den Schadensfall: Sollten Sie Opfer eines Wohnungseinbruchs werden oder sonst Ihre Hausratversicherung in Anspruch nehmen müssen, informieren Sie zunächst sofort die Polizei und als zweites Ihren Versicherer. Halten Sie selbst auf Fotos die Einbruchsspuren fest. Fertigen Sie unbedingt eine so genannte Stehlgutliste an, in der sie die gestohlenen Gegenstände auflisten und zu welchem Preis sie gekauft wurden. Das gilt auch für Geschenke. Wenn Sie noch die Kaufbelege, Beipackzettel oder gar Fotos von den gestohlenen Gegenständen haben, umso besser. Fügen Sie auch diese der Stehlgutliste bei.
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